„Du bist unfruchtbar – Ihr braucht einen Samenspender”
Tommys Geschichte
In diesem Blogbeitrag erzählt Tommy offen und ehrlich, wie es für ihn war, mit seiner Partnerin Jannie die Inseminationsbehandlung bei uns durchzuführen, nachdem sie erfahren hatten, dass er unfruchtbar ist.
Tommys größter Wunsch ist es, dass es kein Tabuthema sein soll, wenn Männer erfahren, dass sie unfruchtbar sind. Tommy möchte für andere die Türen öffnen, damit sie sich nicht allein fühlen. Es ist ihm wichtig, dass man offen darüber sprechen kann, wie es ist durch eine Samenspende Vater zu werden.
Momentan erwarten Tommy und Jannie ihr erstes Kind, ein kleines Mädchen. Wir sind uns ganz sicher, dass die Kleine die besten Eltern bekommen und dass sie von sowohl ihrer Mutter als auch von ihrem Vater über alles geliebt werden wird.
Wir möchten uns vielmals bei Tommy bedanken, dass er sich dazu bereiterklärt hat seine Geschichte mit uns allen zu teilen!
Vorgeschichte
Tommy und Jannie haben vor 6 Jahren das erste Mal über ihren Kinderwunsch gesprochen. Damals waren sie seit 3 Jahren ein Paar. Leider hatte Jannie einen Unfall, welches ihren Rücken beschädigte und dies trug dazu bei, dass das Projekt Baby erstmal pausiert werden musste.
Einige Jahre nach dem Unfall haben sich die beiden dazu entschlossen es erneut zu probieren. Sie haben vieles ausprobiert aber ohne, dass es zu einer Schwangerschaft kam. Nach einem Jahr begann Jannie zu untersuchen, welche Möglichkeiten es gäbe und sie haben mit uns in der Diers Klinik einen Termin für das Erstgespräch ausgemacht.
Samenanalyse: Du bist unfruchtbar
Bei dem Erstgespräch wurde dem Paar dazu geraten, dass die Samenqualität von Tommy untersucht werden sollte. Nachfolgend wurde hier in der Klinik eine Beurteilung fertiggestellt.
Bei der Kontrolle zeigte sich leider, dass in der Spende keine Samenzellen vorhanden waren. Das Ergebnis hat Tommy per E-Mail erhalten.
„Ich dachte mir: Das kann nicht sein – da muss was schiefgelaufen sein.“
Dies war Tommys erster Gedanke als er gelesen hat, dass er unfruchtbar ist.
Ihm wurde dazu geraten eine neue Analyse machen zu lassen, welche leider dasselbe Ergebnis gezeigt hat. Nachfolgend wurde im Krankenhaus eine genauere Analyse durchgeführt, aber leider mit demselben Ergebnis. In Tommys Sperma gab es keine Samenzellen.
Diese Nachricht ist eine Schocknachricht für Tommy gewesen. Es gab niemals Anzeichen, dass irgendetwas nicht richtig funktionieren sollte und er hatte gar nicht daran gedacht, dass er der Grund sein könnte, weshalb Jannie nicht schwanger geworden war.
„Ich dachte mir: dann bin ich wohl nicht Mann genug, wenn ich das nicht kann.“
Tommy sagt selbst, dass die Nachricht unglaublich schwer zu verkraften war und dass er immer wieder daran denken musste, warum ausgerechnet die beiden dies durchleben müssen. Das Gefühl, dass er Jannie im Stich gelassen hat, war auch immer wieder da. Es war seine Schuld, dass sie nicht die Kinder bekommen konnte, welche sie sich wünschte.
Unfruchtbarkeit = Schock und Schuld
Am Anfang befand sich Tommy in einem Schockzustand. Er konnte sich nicht damit abfinden, dass er die Person war, die diese Nachricht erhalten hatte.
„Ich bin ein aktiver Mann, bin nicht übergewichtig, habe nie geraucht und trinke fast keinen Alkohol – es kann einfach nicht wahr sein!“
Es hat eine Weile gedauert, bevor Tommy akzeptieren konnte, dass er unfruchtbar ist. Er war in dieser Zeit wütend, irritiert und traurig. Er dachte immer wieder, dass diese E-Mail an die falsche Person verschickt worden war.
Gleichzeitig hat Tommy sich viele Gedanken darüber gemacht, wo er die Schuld platzieren könnte. Er hat viel darüber nachgedacht, was er wohl als Kind, Jugendlicher oder in seinen frühen Erwachsenenjahren falsch gemacht hatte. Er hatte das Bedürfnis einen Grund zu finden, damit er sagen konnte: deswegen ist es schiefgegangen.
Alle Untersuchungen deuten aber darauf hin, dass Tommy ohne Samenzellen geboren ist und er daher nichts falsch gemacht hat.
Unfruchtbare Männer – ein Tabuthema
Ein großer Wunsch von Tommy ist, dass das Thema mehr Aufmerksamkeit erhält. Wie er selbst sagt, deutet etwas daraufhin, dass Männer in seiner Generation mehr von diesem Schicksalsschlag betroffen sind als die Generation davor. Er hofft daher sehr darauf, dass in Zukunft mehr bzgl. der Unfruchtbarkeit von Männern geforscht wird. Vielleicht hat der Lebensstil der letzten 20 Jahre etwas damit zu tun?
Tommy hofft sehr, dass es Antworten geben wird, damit andere Männer in Zukunft davor geschont werden die gleiche Nachricht zu erhalten, wie Tommy.
Es war schnell für Tommy klar, dass das Thema als Tabuthema betrachtet wird. Leute haben nicht offen darüber gesprochen. Und wenn er sich eins versprochen hat, dann ist es, dass er dieses Tabu brechen möchte.
Nach einigem Googeln hat Tommy jedoch eine Reihe von Prominenten gefunden, die ebenfalls unfruchtbar waren. Dies war für Tommy unglaublich erleichternd:
”Ich habe mich nicht mehr so allein in der Welt gefühlt.“
U.a. hat er einige männliche Comedians ausfindig gemacht, die offen über ihre Herausforderungen gesprochen haben und das hat Tommy Mut gemacht. Es ist wichtig, dass das Thema offen und ehrlich angesprochen wird – insbesondere auch von Männern, die ein größeres Publikum haben.
Egal, weshalb Tommy sich jetzt in dieser Situation befand, dann war für ihn relativ schnell klar, wie es weitergehen sollte:
„Jetzt ist es nun mal so, dann müssen wir schauen, was der nächste Schritt ist. Wir müssen keine Energie verschwenden uns mit Begrenzungen zu beschäftigen, sondern schauen, welche Möglichkeiten es gibt.“
Ufnruchtbarkeit = Samenspende
Jannie und Tommy hatten zuvor nie überlegt, einen Samenspender in Betracht zu ziehen. Tommy kannte auch niemanden aus der Familie oder Freundeskreis, wo eine Samenspende benutzt worden war. Daher war es eine komplett neue Welt für beide nachdem sie erfahren hatten, dass Tommy unfruchtbar ist.
Das Paar wusste aber, dass sie zu alt waren, um adoptieren zu können. Daher stand auch schnell klar, dass die Kinderwunschbehandlung mit einem Samenspender die letzte Chance war ein Kind zu bekommen.
Sowohl Tommy als auch Jannie brauchten erstmal etwas Zeit die Nachricht zu verdauen, welche sie bekommen hatten, bevor der erste Versuch mit einer Samenspende gewagt werden sollte. Beide mussten sich in ihrer neuen Wirklichkeit erstmal zurechtfinden.
Tommy war der erste der beiden, der bereit war den nächsten Schritt zu gehen. Dies sagt auch etwas über die Trauer von Jannie aus, welche sie erstmal bearbeiten musste. Tommy sagt selbst:
„Ich musste akzeptieren, dass ich nicht mit dem Notwendigen beitragen kann. Jannie musste akzeptieren mit Hilfe von Samen eines fremden Mannes schwanger zu werden.“
Als das Paar sich dazu entschlossen hatte die Behandlung mit Samenspende anzugehen, haben sie gleichzeitig auch entschlossen, dass sie offen mit dieser Entscheidung umgehen wollten.
Spenderwahl bei unfruchtbaren Männern
Die Wahl des Samenspenders war für das Paar eine emotionale Reise. Tommy wollte sich schnell die Auswahlmöglichkeiten ansehen. Er wollte herausfinden, ob es möglich war einen Spender zu finden, der ihm ähnlich ist.
Für das Paar waren sowohl die äußeren Merkmale wichtig als auch die Ausbildung und die Interessen des Spenders. Es war ihnen wichtig, dass die Persönlichkeit des Spenders, der Persönlichkeit von Tommy so nah kommen würde, wie überhaupt möglich.
Die Wahl der Spenderkategorie
Auch die Spenderkategorie ist sowohl Jannie als auch Tommy wichtig und sie haben vorab viel darüber gesprochen. Für Tommy war von Anfang an klar, dass er einen offenen Spender haben wollte, während Jannie erstmal lieber einen geschlossenen gehabt hätte.
Tommy war es wichtig, dass dem Kind keine Möglichkeit genommen würde, mehr über den Spender zu erfahren, falls das Kind dies wünschen sollte. Er hatte aber volles Verständnis für die Gedanken und Argumente von Jannie und deswegen haben sie eine Liste mit Pro und Contra erstellt. Letztendlich haben sie sich für einen offenen Spender entschieden.
Gedanken über die Zukunft
Tommy hat sich bereits viele Gedanken darüber gemacht, wie es wohl sein wird, wenn ihre kleine Tochter da ist. Er hofft, wenn Leute sagen ”sie ist ihrem Vater wirklich ähnlich“, dass er dann auch das Gefühl haben wird, dass sie Recht haben. Sowohl vom Aussehen her als auch von ihrer Art.
Gleichzeitig führen solche Gedanken auch immer dazu, dass eine kleine gemeine Stimme im Hinterkopf sagt: Aber sie ist ja nicht deine Tochter. Die Stimme wird zum Glück immer leiser, aber Tommy sagt auch ganz ehrlich, dass er sich nur schwer vorstellen kann, dass die Stimme komplett verschwindet.
Der perfekte Samenspender
Bereits jetzt, wo die Kleine noch nicht auf der Welt ist, deutet alles darauf hin, dass Tommy und Jannie bei der Spenderwahl ein perfektes Match gefunden haben.
Bei allen Ultraschalluntersuchungen während der Schwangerschaft, war die Kleine sehr aktiv und hat ständig ihre kleinen Beine bewegt. Dies hat Tommy und Jannie zum Lächeln gebracht, weil Tommy auch ein sehr aktiver Mensch ist, der fast jeden Tag joggen geht. Die Beine hat die Kleine daher jetzt schon ganz nach ihrem Papa.
Die Inseminationsbehandlung
Als Tommy und Jannie für ihre erste Behandlung bei uns waren, war es für beide ein komischer Tag. Sie waren nervös, aufgeregt und gespannt darauf zu sehen, wie der Ablauf sein würde.
Vorab hatten sie darüber gesprochen, wie sie gerne die Behandlung erleben würden und beschlossen, dass sie während der Behandlung Händchen halten sollten.
„Wir haben uns tief in die Augen geschaut und hatten eine ganz besondere Connection in diesem Moment.“
Jannie war nach dem zweiten Versuch schwanger, aber auch die nachfolgenden Ultraschalluntersuchungen waren für beide sehr hart. Falls die Behandlung nicht geglückt war oder ein Ultraschall zeigen sollte, dass die Schwangerschaft nicht mehr besteht, wussten Jannie und Tommy, dass sie „nicht einfach nach Hause gehen und es nochmal probieren konnten.“
Vater eines Spenderkindes
Tommy hat sich viele Gedanken darüber gemacht, wie es wohl sein wird, Vater eines Spenderkindes zu werden:
„Die Männlichkeit muss irgendwo weggepackt werden. Es mag sein, dass du nicht mit dem Notwendigen beitragen kannst, aber du bist trotzdem in vielen anderen Hinsichten Mann.“
Er hat mit vielen Personen gesprochen, welches dazu beigetragen hat seine Sichtweite zu erweitern. Viele haben Tommy gesagt, dass man erst in dem Moment, wo das Kind auf der Welt ist, seine Vaterrolle beweisen muss. Die Definition eines Vaters ist nicht von einer Samenzelle abhängig.
Für ihre kleine Tochter wird es nicht von Bedeutung sein, dass sie mit Hilfe eines Samenspenders entstanden ist.
„Sie ist unser Kind“, sagt Tommy.
Er hat bereits jetzt in Verbindung mit der Schwangerschaft seine Vaterrolle zu 100 % angenommen und er freut sich darauf seine Tochter kennenzulernen, ihr vieles beizubringen und sie von ganzen Herzen zu lieben.
Das Paar weiß, dass die Kleine natürlich erfahren wird, dass ein Spender involviert war. Es ist beiden wichtig, dass sie früh erfährt, dass ihr Vater unfruchtbar ist und sie daher einen Spender hat. Tommy und Jannie wünschen sich unter keinen Umständen, dass ihre Tochter dies auf Umwegen erfahren wird.
Jannie und Tommy haben sich bewusst dafür entschieden, dass der Spender nur als Spender erwähnt werden und dass das Alias von der Samenbank nicht verwendet werden soll. Dies würde den Spender menschlicher erscheinen lassen und dies möchte das Paar nicht. Das ändert jedoch nichts daran, dass sie dem Spender gegenüber für immer dankbar sein werden.
Ein besonderes Verständnis des Schwiegervaters
Anfangs hatte Tommy niemanden, mit dem er über seine Situation sprechen konnte. Niemand im Freundeskreis hatte etwas Ähnliches durchgemacht und daher konnte auch niemand wirklich die Gefühle verstehen, welche Tommy hatte.
Sehr schnell hat Tommy aber in seinem Schwiegervater eine Bezugsperson gefunden. Tommys Schwiegereltern haben Jannie adoptiert, weil sie damals keine Antwort darauf erhalten konnten, weshalb sie auf natürlichem Weg keine Kinder bekommen konnten. Vielleicht war auch er unfruchtbar.
Tommy hat seither viel mit seinem Schwiegervater gesprochen, welcher aufgrund seiner eigenen Erfahrung, ein ganz besonderes Verständnis für Tommys Situation aufbringen kann. Alle Gedanken und Frustrationen kann er auf seine eigene Art nachvollziehen. Die beiden Männer haben sich daher gegenseitig therapeutisch unterstützt und sie konnten gleichzeitig auch zusammen trauern und Tränen fließen lassen.
Unterstützung von vielen
Tommy hat auch auf seiner Arbeit offen und ehrlich darüber gesprochen, dass er unfruchtbar ist und das Paar hat von den Kollegen sehr viel Unterstützung erhalten. Seine Kollegen haben sowohl als Cheerleader agiert als auch als Therapeuten in den Situationen, wo Tommy dies benötigte.
Obwohl Tommy davon überzeugt war, dass keine anderen in der Familie ähnliche Herausforderungen erlebt hatten, hat er seither herausgefunden, dass seine Kusine ihre zwei Kinder mit Hilfe einer Eizellenspenderin bekommen hat. Dies hat die beiden näher zusammengebracht und beide sind sich einig, dass Offenheit die einzig richtige Einstellung bei Unfruchtbarkeit ist. Beide möchten dazu beitragen das Tabu zu brechen.
Tommy sagt selbst:
”Etwas so Natürliches, wie Kinder kriegen, sollte kein Tabuthema sein.“
Tipps von Tommy – Unfruchtbarkeit
Rede über die Unfruchtbarkeit
Als Tommy die Nachricht erhalten hat, dass keine Samenzellen in seinem Sperma vorhanden waren, war er in seinen Gedanken sehr begrenzt. Er möchte daher hervorheben, wie wichtig es ist, mit anderen zu sprechen.
Es muss eine Person sein, wo man sich wohl fühlt und es ist wichtig, dass man nicht aufhört darüber zu sprechen. Je mehr man über die Situation redet, umso besser fühlt man sich. Unfruchtbarkeit ist ein Trauma, welches bearbeitet werden muss.
Tommys eigene Gedanken waren anfangs nur negativ, aber die Menschen um ihn herum haben ihm dabei geholfen neue Perspektiven zu sehen. U.a. haben folgende Aussagen ihm geholfen:
- „Du bist dadurch nicht weniger Mann“
- „Du wirst ein fantastischer Vater – das muss man eh erst beweisen, wenn das Kind auf der Welt ist“
- „Wie das Kind gezeugt wurde, bedeutet für das Kind und für die Vaterrolle nichts“
Deine Gefühle haben ihr Recht
Tommy hat einige Zeit damit verbracht, traurig, frustriert und wütend zu sein. „Warum ich?”, hat er immer wieder gedacht. Und dazu muss man sich Zeit nehmen, sagt er. Die Frustrationen müssen da sein und man braucht auch Zeit, um die Trauer zu bearbeiten, die mit einer solchen Nachricht einsetzt.
„Deine Gefühle haben ihr Recht. Sie dürfen nicht verdrängt werden, sondern müssen rausgelassen werden.“
Er möchte aber auch hervorheben, dass es wichtig ist zu einem Punkt zu gelangen, wo man sich seine Möglichkeiten anschaut. Was der nächste Schritt ist, ist individuell und von Person zu Person oder von Paar zu Paar – aber es ist wichtig, dass man dazu Stellung bezieht.
Zuletzt möchte Tommy nochmals hervorheben, dass die Elternrolle nicht davon beeinflusst wird, ob ein Kind durch eine Spende gezeugt wurde oder nicht. Alle Frustrationen und alle Freuden, die damit zusammenhängen ein Kind zu bekommen, erleben alle Eltern auf die gleiche Art und Weise – Biologie spielt dabei keine Rolle.
Als wir Tommy fragen, weshalb er seine Geschichte über seine Unfruchtbarkeit so ehrlich erzählen wollte, sagt er folgendes:
„Ich hoffe, dass ich dazu beitragen kann, dass andere sich nicht so allein fühlen.“
Wir hier in der Diers Klinik möchten uns ganz herzlich für deine Offenheit und ehrliche Art bzgl. deiner Unfruchtbarkeit bedanken, Tommy – du bist eine Inspiration und für viele ein Vorbild. Deine Tochter kann sich glücklich schätzen dich als Vater zu haben.